11. Nationales Treffen von Lazos de Amistad – Bänder der Freundschaft in Kolumbien

Erfahrungsbericht

Unser erster Vorsitzender, Alexander Sieler, hatte die Möglichkeit, beim letzten nationalen Lazos-Treffen in Kolumbien teilzunehmen, und teilt hier seine ganz persönlichen Erfahrungen:

Alexander Sieler
Santa Rosa de Cabal, 22.06.2023

“Dieses Jahr beende ich meine Ausbildung, das ist für mich ein echter Erfolg”, sagt mir Talina beim Abschied mit Tränen in den Augen, während sie ihren kleinen Sohn Íker auf dem Arm hat. Und es waren nicht die einzigen Tränen, die an diesem Wochenende zu sehen waren. Drei Tage dauerte das 11. Nationale Treffen von Lazos de Amistad in Kolumbien vom 17.–19. Juni 2023 in Santa Rosa de Cabal. Rund 40 Teilnehmende kamen aus acht Orten des Landes zusammen. Der Leiter Pater Gabriel Naranjo hatte im Vorfeld dafür gesorgt, dass den Teilnehmenden keine Kosten aufgebürdet würden, da die jungen Leute aus sehr einfachen Verhältnissen stammen. Es war um Essensspenden gebeten worden, die Vinzentiner berechneten keine Kosten für die Übernachtung im Tagungshaus und die Teilnehmenden waren aufgefordert, im Haushalt mitzuhelfen.

Mit einem meditativen Beginn am Samstagmorgen ordnete Pater Gabriel das Wochenende in die Problematik des Klimawandels und der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen ein. Unmittelbar danach ging es mit der gesamten Gruppe nach „La Samaria“, einem Armutsviertel von Santa Rosa, in unmittelbarer Sichtweite des Tagungshauses. Seit einigen Monaten besucht die lokale Lazos-Gruppe wöchentlich die Menschen hier und bietet Begleitung an, vor allem den Kindern. Mir wird schnell klar: kaputte Wege, provisorisch zusammengezimmerte Hütten und viel menschliches Leid prägen „La Samaria“. Auf dem Weg dorthin waren wir eingeladen, Müll von den Straßen und Wegen zu sammeln sowie die Familien einzuladen, ihre Kinder zu unseren Aktivitäten zu schicken. Dort entstand mit der Zeit ein bewegendes Bild: in einem Raum beginnen die Lazos-Geförderten die Kinder zu dynamischen Spielen zu animieren, was diese sichtbar glücklich machte; in einer anderen Ecke wurden Malbögen zum Ausmalen verteilt; in wieder einer anderen Gruppe wurde gebastelt. Schließlich wurde auf der nicht asphaltierten Straße mit Plastikstühlen und Wasserschüsseln ein improvisierter „Schönheitssalon“ errichtet – der aufgrund von durchfahrenden Holztransporten immer mal wieder zur Seite gebaut werden musste –, während ein auf der Straße frei herumlaufendes Schwein einen vielleicht verwirrten Blick angesichts der ungewöhnlichen Aktion herüberwarf. Die Kinder des Viertels wurden eingeladen, sich von den Lazos-Leuten die Haare waschen, kämmen und teilweise flechten zu lassen. Ein paar Meter entfernt konnte man das Weinen eines jungen Mädchens wegen extremer Zahnschmerzen nicht überhören. Laura, Lazos-Geförderte und Studierende der Zahnmedizin, konnte ein wenig helfen und eine lindernde Creme organisieren – immerhin. Ein Blick über die verschiedenen Gruppen ließ mich berührt zurück. Ich schaute Harving an, ein engagiertes Lazos-Mitglied der ersten Stunde. Er schaute mich an und sagte: „Das ist Lazos!“ Ich umarmte ihn und heulte fünf Minuten in seine Schulter. Zwei Dinge berührten mich diesen Morgen besonders: zum einen die zum Himmel schreiende Armut, Hilflosigkeit und Ungerechtigkeit, in der diese Kinder dort aufwachsen müssen und zum anderen das bewegende Miteinander, mit der unsere Lazos-Geförderten – selbst aus sehr bescheidenden Verhältnissen – mit ihnen spielten, sie wuschen und ihnen immer wieder ein Lächeln aufs Gesicht zauberten.

Zurück im Haus begannen nach dem Mittagessen die ersten Arbeitseinheiten. Darunter durfte ich die Arbeit von Lazos in Deutschland vorstellen. Ein kurzer Einblick in Geschichte, Personen und Aktivitäten des eingetragenen Vereins ließ die jungen Kolumbianerinnen und Kolumbianer dankbar zurück. „Welch ein schönes und motivierendes Gefühl, dass es auf der anderen Seite der Welt Menschen gibt, denen wir wichtig sind und die uns unterstützen“, war von einem Lazos-Geförderten zu hören.

Nach einem Gottesdienstbesuch ging es im Nachmittagsbereich an die Persönlichkeitsarbeit. Die einzelnen Mitglieder waren eingeladen, sich mit Leitfragen zum eigenen Leben, den Stärken und Schwächen, den Visionen und Wünschen sowie den Möglichkeiten und Herausforderungen auseinanderzusetzen und diese niederzuschreiben. Am Abend durften meine Frau Carolin und ich für die 40 Teilnehmenden ein deutsches Abendessen servieren: Kartoffelsalat, dazu Bockwürstchen, Brot mit Kräuterbutter und ein Bier. Im Anschluss begann eine kulturelle Feier: an drei Lagerfeuern wurde zunächst nach deutscher Manier Stockbrot gebacken, Musik gehört und Lieder gesungen. Im Anschluss lud Lazos-Mitglied Luz Marina zu einer Tanzstunde mit kolumbianischen Folklore-Tänzen wie Salsa und Cumbia ein. Am späten Abend entstand ein gemeinsamer Austausch zu persönlichen Lebenserfahrungen – zusammen mit dem Besuch in „La Samaria“ der berührendste Moment. Ich konnte so ein wenig über die verschiedenen Lebenssituationen erfahren und hörte bewegt zu: Angefangen bei prekären Familienverhältnissen und finanziellen Schwierigkeiten über Gewalterlebnisse von Vätern bis hin zu Vertreibungen und Morden von Angehörigen durch die Guerilla entfaltete der tränenreiche Abend die gesamte Bandbreite an Leiderfahrungen unserer Lazos-Geförderten. Aufgrund der intensiven Erzählungen musste der Austausch am nächsten Tag fortgesetzt werden. Nicht selten hörte dabei man Sätze wie „Lazos ist eine wichtige Stütze gewesen“ oder „Lazos hat mein Leben verändert“. Wie wichtig und richtig ist doch das Engagement und die finanzielle Unterstützung von Lazos in Deutschland! Wie wenig ist doch der Einsatz für uns im Vergleich zu dem, was er hier bei den jungen Menschen bewirkt!

Ich bin überaus dankbar und gestärkt aus diesem Treffen herausgegangen. Vor allem motiviert, mich mit der mir möglichen Kraft weiterhin für diese wertvollen und engagierten jungen Menschen einzusetzen und Menschen in meiner Umgebung davon zu überzeugen, dass jeder an sie getane Gedanke, jedes in ihrem Sinne getane Engagement und jeder für sie gespendete Euro eine der besten Investitionen ist, die ein Mensch tätigen kann.

Am Sonntagmorgen gab es einen Vortrag und einen Austausch rund um das Thema „Zugehörigkeit und  Sinn des Lebens“. Dabei sollten das eigene Leben, persönliche Beziehungen sowie die individuellen Zugehörigkeiten – zu Familie, Gruppen, Lazos etc. – in den Blick genommen werden. Lazos ist für die Geförderten hier mehr als eine Gruppe oder ein Verein, der einem Geld für die Ausbildung gibt. Es ist eine Plattform für persönliche Orientierung, Austausch, gegenseitige Unterstützung und soziales Miteinander. „Wir sind eine Familie“, wird Harving nicht müde zu betonen. Mit Blick auf viele zerrüttete Familienverhältnisse der Geförderten wird mir das noch einmal besonders deutlich.

Nach einem Gottesdienstbesuch ging es im Nachmittagsbereich an die Persönlichkeitsarbeit. Die einzelnen Mitglieder waren eingeladen, sich mit Leitfragen zum eigenen Leben, den Stärken und Schwächen, den Visionen und Wünschen sowie den Möglichkeiten und Herausforderungen auseinanderzusetzen und diese niederzuschreiben. Am Abend durften Carolin und ich für die 40 Teilnehmenden ein deutsches Abendessen servieren: Kartoffelsalat, dazu Bockwürstchen, Brot mit Kräuterbutter und ein Bier. Im Anschluss begann eine kulturelle Feier: an drei Lagerfeuern wurde zunächst Stockbrot gebacken, Musik gehört und Lieder gesungen. Im Anschluss lud Lazos-Mitglied Luz Marina zu einer Tanzstunde mit kolumbianischen Folklore-Tänzen wie Salsa und Cumbia ein. Am späten Abend entstand ein Austausch zu persönlichen Lebenserfahrungen – zusammen mit dem Besuch in „La Samaria“ der berührendste Moment. Angefangen bei prekären Familienverhältnissen und finanziellen Schwierigkeiten über Gewalterlebnisse von Vätern bis hin zu Vertreibungen und Morden von Angehörigen durch die Guerilla entfaltete der tränenreiche Abend die gesamte Bandbreite an Leiderfahrungen unserer Lazos-Geförderten. Aufgrund der intensiven Erzählungen musste der Austausch am nächsten Tag fortgesetzt werden. Nicht selten hörte dabei man Sätze wie „Lazos ist eine wichtige Stütze gewesen“ oder „Lazos hat mein Leben verändert“. Wie wichtig und richtig ist doch das Engagement und die finanzielle Unterstützung von Lazos in Deutschland! Wie wenig ist doch der Einsatz für uns im Vergleich zu dem, was er hier bei den jungen Menschen bewirkt!

Ich bin überaus dankbar und gestärkt aus diesem Treffen herausgegangen. Vor allem motiviert, mich mit der mir möglichen Kraft weiterhin für diese wertvollen und engagierten jungen Menschen einzusetzen und Menschen in meiner Umgebung davon zu überzeugen, dass jeder an sie getane Gedanke, jedes in ihrem Sinne getane Engagement und jeder für sie gespendete Euro eine der besten Investitionen ist, die ein Mensch tätigen kann.

DANKE an euch alle für eure Unterstützung!


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